Meet the Cluster Community: Valentina Consiglio

1. Warum forschst du zu Ungleichheit?

Eine ungleiche Verteilung von gesellschaftlichen Ressourcen und Chancen führt häufig dazu, dass Bevölkerungsgruppen voneinander zunehmend segregiert sind. Nehmen wir beispielsweise die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt – mein Kernforschungsgebiet: Der Niedriglohnsektor in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen und mittlerweile einer der größten Europas. Viele Beschäftigte müssen trotz Vollzeitarbeit aufstocken. Besserverdienenden und auch der Politik kann es schwerfallen, die Nöte und Ängste dieser Bevölkerungsgruppe nachzuvollziehen, weil diese von ihrer eigenen Lebenswirklichkeit weit entfernt sind. Die Folge können Unzulänglichkeiten im politischen Handeln sein, was zu Unmut bei den Betroffenen führt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt schwächt.

Kurz gesagt: Je höher die Ungleichheit, desto höher auch die Barrieren für ein gegenseitiges Verständnis und gemeinsames Handeln. Daran mitzudenken und zu arbeiten, wie wir Ungleichheiten abbauen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken können, ist für mich eine zentrale Motivation, zu diesem Thema zu forschen.

2. Um was geht es in deiner Arbeit?

In meiner Arbeit möchte ich untersuchen, wie die ungleiche Verteilung von Chancen und Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt zustande kommt, wie sie sich auf politisches Verhalten auswirkt und welche politischen Lösungsvorschläge wirksam sind, um diese Ungleichheiten zu verringern.

3. Wie bist du hier gelandet?

Mir war schon lange klar, dass ich promovieren möchte – die Frage war nur wann. Nach meinem Master wollte ich zunächst praktische Erfahrung an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik sammeln und habe daher als Projektmanagerin bei der Bertelsmann Stiftung angefangen. Gemeinsam mit inspirierenden Partner:innen führender Wirtschaftsforschungsinstitute konnte ich dort in den letzten Jahren zu Einkommens- und Aufstiegsdynamiken auf dem Arbeitsmarkt arbeiten. Im Frühjahr 2021 habe ich mich dann aktiv auf die Suche nach Promotionsmöglichkeiten gemacht – die Stelle in der Forschungsgruppe „The Politics of Labor Market Inequality and Occupational Mobility“ des Clusters war das perfekte Match, um aus Sicht der Politischen Ökonomie an den zentralen Fragestellungen zu forschen, die mich bewegen.

4. Highlight der letzten Zeit?

Nach einem langen Winter die ersten Vögel zwitschern zu hören, Blüten aus dem Boden sprießen zu sehen und dadurch – trotz allem, was in der Welt gerade passiert – Lebensfreude zu spüren.

5. Traumforschungsprojekt?

Die Durchführung eines groß angelegten Experiments, um die sozialen Wurzeln von Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt untersuchen zu können. Ungleichheiten im Sozialen Kapital (im Bourdieu‘schen Sinne) spielen eine wichtige Rolle für Bildungs-, Einkommens- und Aufstiegschancen. Allerdings ist das tatsächliche Ausmaß dieser Ungleichheit – inklusive seiner ökonomischen und politischen Folgen – schwer zu messen. Eine randomisiert kontrollierte Studie, die für einen gewissen Zeitraum in das Sozialgefüge interveniert, wäre ein (utopischer) Königinnenweg, um dieses Forschungsgebiet noch besser zu erschließen. 

Valentina Consiglio ist Doktorandin am Exzellenzcluster "The Politics of Inequality" an der Universität Konstanz und Teil der Forschungsgruppe "The Politics of Labor Market Inequality and Occupational Mobility" von Dr. Thomas Kurer. Ihre Forschungsinteressen umfassen wirtschaftliche und politische Ungleichheit, verschiedene Dimensionen sozioökonomischer Mobilität sowie Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.