Wahrnehmungen von politischem Charisma bei Sprecher*innen mit niedrigem Status

Projektbeschreibung

Ziele und zentrale Forschungsfrage

Das übergeordnete Ziel dieses Projekts ist es, zu verstehen, wie politisches Charisma bei Politiker*innen mit politisch marginalisiertem Hintergrund wahrgenommen wird und welche Rolle die eigenen gesellschaftspolitischen Ansichten der Rezipient*innen bei der Erzeugung einer charismatischen Wirkung spielen, sowie ein Gespräch über die Auswirkungen von wahrgenommenem Charisma zu führen. Konkret hat das Projekt folgende Ziele: (1) Urteile über das wahrgenommene Charisma bei politisch minderbemittelten, statusarmen Sprecher*innen zu sammeln; (2) Messungen zum Hintergrund der Zuhörer*inne zu erhalten und die moderierenden Effekte solcher persönlichen Merkmale auf die individuelle Wahrnehmung von Charisma bei politisch minderbemittelten, statusarmen Sprecher*innen zu untersuchen; (3) Präsentationen für Parlamentarier*innen, politische Parteien und für Teilnehmende der jährlichen Konferenz der UK Speechwriters' Guild zu arrangieren; (4) das Verständnis von politischem Charisma in der Öffentlichkeit zu verbessern und verschiedene Zielgruppen in die Diskussion über dessen Einfluss auf politische Partizipation und öffentliche Meinung einzubeziehen; (5) die Ergebnisse durch geeignete akademische Kanäle zu verbreiten.

Hintergrund

Charisma bezieht sich auf die fast "magische Fähigkeit" einer Person, einen starken Einfluss auf andere auszuüben (Weber 1922/1978). Charismatische Führungskräfte ziehen ein großes Publikum an, binden und motivieren es (Rosenberg & Hirschberg 2009). Durch das Einbringen der zusätzlichen Dimensionen Macht, Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit (Gardner & Avolio 1998) geht es über den Einsatz von persuasiven rhetorischen Tropen hinaus (Atkinson 1984). Augenkontakt, Redefluss, erhöhte Stimmvielfalt und der Einsatz von Gestik und Mimik werden häufig als Kernelemente eines charismatischen Vortrags genannt (z.B. Holladay & Coombs 1993). Es gibt nur wenige Belege dafür, wie das Geschlecht der Sprechenden oder andere Merkmale, die darauf hindeuten, dass Sprechende einer politischen Minderheit/einer Gruppe mit niedrigem Status angehören, die Wahrnehmung von Charisma beeinflussen könnten. Es gibt Gründe zu erwarten, dass solche Merkmale von Politiker*innen hier eine Rolle spielen dürften. Die Theorie und Evidenz des "linguistischen Profiling" enthüllt, wie Ungleichheit und diskriminierende Praktiken in verschiedenen Kontexten vorherrschen.

Methoden

Eine Reihe von Online-Experimenten wird mit der Online-Software Gorilla durchgeführt, die eine experimentelle Plattform bietet, um nicht nur Antworten, sondern auch Reaktionszeiten der Teilnehmenden zu erfassen. Das Projekt untersucht mit innovativen Methoden, wie die Wahrnehmung von politischem Charisma durch das Geschlecht (männlich vs. weiblich), den Akzent (Standard vs. Umgangssprache vs. Nicht-Muttersprache) und die Hautfarbe (weiß vs. nicht-weiß) der Sprechenden im Kontext einer politischen Debatte moderiert wird. Neben den expliziten Charisma-Urteilen werden implizite Assoziationstests (Cambell-Kibler 2012, Pantos & Perkins 2013) die Daten zu möglichen impliziten Vorurteilen gegenüber politischen Minderheiten erheben. Die experimentellen Stimuli für das Projekt werden mit professionellen Schauspieler*innen (männlich und weiblich) unter Verwendung der Matched-Guise-Technik (Agheyisi & Fishman, 1970) aufgenommen, d.h. ein Ansatz, bei dem dieselbe Person mit der muttersprachlichen Beherrschung verschiedener Varietäten das Material für eine Untersuchung produziert.

Beteiligte Fachrichtungen

Englische Linguistik, Computerlinguistik, Soziologie, Informatik, Politik, Politische Psychologie

Aktiv ab

November 2021

Projektpartner

Prof. Dr. Nicholas Allen

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Dr. Aleksandra Cichocka

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