Administrative Ungleichheit

Administrative Ungleichheit: Ausländische Staatsbürger in Deutschland (AdmIn)

Projektbeschreibung

Ziele und zentrale Forschungsfragen:

Wenn ausländische Staatsbürger sich um ein Visum, eine Arbeitserlaubnis, Asyl oder einen Pass bemühen, unterliegen sie einem beträchtlichen Risiko negativer oder positiver Diskriminierung. Das „Administrative Inequality“-Projekt (AdmIn) untersucht, wie ungleich die in deutschen Verwaltungen Beschäftigten sowie Richterinnen und Richtern bei ähnlich gelagerten Einbürgerungen und Visumsanträgen entscheiden und wie die wahrgenommenen Ungleichheiten das Verhalten potenziell Antragstellender beeinflusst. Das Kernziel ist eine systematische Einschätzung der Ungleichbehandlung ausländischer Staatsbürger, die nur über beschränkte Alternativen verfügen. Zu diesem Zweck wird das AdmIn-Projekt ein neues vereinheitlichtes Modell administrativen Entscheidens entwickeln und testen. Dazu wird es auf originale Daten zu den Entscheidungsprozessen zugreifen sowie ergänzende Interviews durchführen.

Hintergrund:

Dass Asylsuchende in verschiedenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unterschiedlich behandelt werden, ist wohlbekannt. Die administrative Ungleichbehandlung, der ausländische Staatsbürger in ihrer eigenen Wahrnehmung oder tatsächlich ausgesetzt sind, wenn sie Visums- oder Einbürgerungsanträge ausfüllen, wurde aber noch nicht oft zum Gegenstand der Forschung.

Unser Projekt wird auf der Basis rechtlicher Gesichtspunkte und umfassender Modellierung überprüfen, ob die Ungleichheit in der Behandlung auf Abneigungen der Entscheidungsträger gegenüber bestimmten Gruppen  zurückzuführen („präferenzbasierte Diskriminierung“) ist oder ob sog. statistische Diskriminierung vorliegt. Ersteres spiegelt Vorurteile der Person wider, die die Entscheidung trifft. Letztere Form der Diskriminierung entsteht dort, wo Bürokraten und Richter nicht über die notwendigen Informationen verfügen, um einen Fall adäquat zu bearbeiten. Da die direkte Beobachtung von diskriminierendem Verhalten in diesem Feld nicht möglich ist, wird das AdmIn-Projekt indirekte Strategien verfolgen, um das Ausmaß sowohl positiver als auch negativer statistischer Diskriminierung verschiedener Gruppen ausländischer Staatsbürger einzuschätzen.

Methoden:

  • Spieltheorie
  • Webscraping und computerisierte Inhaltsanalyse
  • Rechtswissenschaftliche Interpretation von migrationspolitischen Bestimmungen und Urteilen
  • Interviews
  • Ökonometrie

Beteiligte Fachrichtungen:

Politics and Public Administration, Public Law

Aktiv Seit:

01.10.2020

Literatur

Publikationen und Working Paper

Gundacker, Lidwina, Yuliya Kosyakova, and Gerald Schneider. 2024. “How Regional Attitudes towards Immigration Shape the Chance to Obtain Asylum: Evidence from Germany.” Migration Studies, March, mnae002. https://doi.org/10.1093/migration/mnae002.

Kosyakova, Yuliya, Lidwina Gundacker, and Gerald Schneider. 2024. “How Regional Attitudes towards Immigration Shape the Chance to Obtain Asylum: Evidence from Germany.” OSF. https://doi.org/10.17605/OSF.IO/XTM2A.

Aden, Samia, Jana Mayer, and Gerald Schneider. 2023. “Asylpolitik.” In Flucht- und Flüchtlingsforschung: Handbuch für Wissenschaft und Studium, edited by Tabea Scharrer, Birgit Glorius, J. Olaf Kleist, and Marcel Berlinghoff, 1. Auflage, 481–88. NomosHandbuch. Baden-Baden: Nomos.

Froese, Judith, and Daniel Thym. 2022. Grundgesetz und Rassismus. Mohr Siebeck GmbH & Co. KG. https://doi.org/10.1628/978-3-16-161737-9.

Schneider, Gerald. 2021. “Vertrauen ist gut, Replikation ist besser : Für eine evidenzbasierte Asylpolitik : Replik Auf Ursula Gräfin Praschma.” Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (ZAR) 41 (1): 10–14.

Gundacker, Lidwina, Yuliya Kosyakova, and Gerald Schneider. 2021. “Global Norms, Regional Practices : Taste-Based and Statistical Discrimination in German Asylum Decision-Making.” Working Paper No. 05. Cluster of Excellence “The Politics of Inequality.” https://hdl.handle.net/10419/240322.

Thym, Daniel. 2020. “Supranational Courts in Europe: A Moderately Communitarian Turn in the Case Law on Immigration and Citizenship.” Journal of Ethnic and Migration Studies 47 (April):1–18. https://doi.org/10.1080/1369183X.2020.1750353.

Für die breite Öffentlichkeit

Fluchtforschungsblock: "Fakten statt Meinungen: für eine evidenzbasierte Asylpolitik" - Gerald Schneider (2021)

Zum Artikel

Vorarbeiten

Literatur:

Breunig, C., and A. Luedtke. 2008. What Motivates the Gatekeepers? Explaining Governing Party Preferences on Immigration. Governance 21(1): 123–146.

Breunig, C., X. Cao, and A. Luedtke. 2012. Global Migration and Political Regime Type: A Democratic Disadvantage. British Journal of Political Science 42(04): 825–854.

Holzer, T., G. Schneider, and T. Widmer. 2000. Discriminating Decentralization: Federalism and the Handling of Asylum Applications in Switzerland, 1988-1996. Journal of Conflict Resolution 44 (2): 250–276.

Schneider, G., N. Segadlo, and M. Leue. 2020. Forty-Eight Shades of Germany: Positive and Negative Discrimination in Federal Asylum Decision Making. German Politics (in print): 1-18.

Thym, D. 2013. Separation versus Fusion – or: How to Accommodate National Autonomy and the Charter? European Constitutional Law Review 9: 391–419.

Thym, D. 2016. The ‘Refugee Crisis’ as a Challenge of Legal Design and Institutional Legitimacy, Common Market Law Review 53: 1545–1574.

Zuber, C.I. 2011. Understanding the Multinational Game: Toward a Theory of Asymmetrical Federalism. Comparative Political Studies 44(5): 546-571.

Zuber, C.I. 2019. Explaining the Immigrant Integration Laws of German, Italian and Spanish Regions: Sub-State Nationalism and Multi-Level Party Politics. Regional Studies (in print)