Meet the Cluster Community: Tanja Kupisch

1. Warum forschst du zu Ungleichheit?

Sprache ist aus verschiedenen Gründen zentral für die Ungleichheitsforschung: Erstens können Politiker durch sprachliche Mittel ihre Wähler beeinflussen. Zweitens erfahren Menschen, die die Sprache der mehrheitlichen Gesellschaft nicht beherrschen oder einen Akzent haben, nicht selten Diskriminierung und haben nicht die gleichen Chancen auf Bildung und sozialen Aufstieg. Und drittens: Verwehrt man Minderheiten die Möglichkeit, ihre Muttersprache zu erlernen, dann wertet man ihre Sprache ab und − per Implikation − auch ihr kulturelles Erbe und ihre Identität.

2. Um was geht es in deiner Arbeit?

Ich meiner Arbeit (im Cluster) geht es um die indigene Minderheit der Samen. Wir untersuchen, wie sie nach einer langen Zeit der Diskriminierung ihre Sprache am Leben erhalten und (zusammen mit unseren Kollegen aus der Politikwissenschaft), wie sie selbst im Vergleich zur mehrheitlichen Gesellschaft ihre Rechte auf Sprache, Land und Selbstbestimmung wahrnehmen. In meinen anderen Leben bin ich romanistische Linguistin und Herausgeberin eine Zeitschrift zu Mehrsprachigkeit. Dann ist da noch mein Job in Tromsø; auch da geht es um Mehrsprachigkeit.

3. Wie bist du hier gelandet?

Ich hatte nie den Plan, an der Uni zu bleiben. Mein Einstieg in die Linguistik lief über die Syntax. Als ich zum ersten Mal Syntaxbäume gesehen habe, hatte ich plötzlich das Gefühl, Sprache zu verstehen und wollte mehr wissen. Kurz danach war ich Hiwi in einem Projekt zu Mehrsprachigkeit. Und dann vergingen die Jahre. Unser Clusterprojekt begann bei einem zufälligen Kaffee im Foyer der Uni Konstanz, als ich mit Katherina Holzinger über Skandinavien gesprochen habe. Plötzlich fielen uns die Samen ein. So erinnere ich es jedenfalls

4. Highlight der letzten Zeit?

Zugfahrt von Konstanz über Malmö nach Tromsø in nur 45 Stunden (wobei Konstanz-Südschweden nur das erste Drittel ist). Seit ich im Sachkundeunterricht in der Grundschule von Eisenerz aus Kiruna gehört habe, faszinierte mich die Idee von Lappland. „Kiruna“ kommt übrigens von dem nordsamischen Wort für Schneegans.

5. Traumforschungsprojekt?

Ich könnte auch zu Katzen, Wetter oder Vulkanen forschen. Auch das hat mich schon immer fasziniert. Oder an einem warmen Ort Kreolsprachen lernen und untersuchen, wie sie weitergegeben werden.

Prof. Dr. Tanja Kupisch ist Professorin für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Konstanz sowie Professorin an der UiT, The Arctic University of Norway. Sie ist außerdem PI im Projekt „Ethnische Politik – Ein Mittel gegen Ungleichheiten zwischen Gruppen? Die Sámi in Norwegen und Schweden" am Exzellenzcluster "The Politics of Inequality" an der Universität Konstanz. Ihr Forschungsinteresse gilt der Zwei- und Dreisprachigkeit von Kindern und Erwachsenen, dem Bidialektalismus und den Beziehungen zwischen Sprache und Politik.